Ziel unseres jährlichen Ausflugs am Fronleichnam war Würzburg. Dort trafen wir uns im Hauptbahnhof mit den Montagsdemos Heilbronn, Stuttgart und Schweinfurt. Vor dem Hauptbahnhof gab der
Kiliansbrunnen ein schönes Panorama für unser Gruppenfotoab.
Der Brunnen wurde im Juli 1895 von Prinzregent Luitpold eingeweiht. Er war eine Gegengabe des Prinzregenten an die Würzburger, nachdem diese vor der Residenz den Frankoniabrunnen zu seinen Ehren
errichtet hatten.
Der Kampf um den Bahnhof
Der Bahnhof war 1919 Schauplatz heftiger Kämpfe um die Würzburger Räterepublik. Die Schutzwache des Revolutionären Aktionsausschusses, einem Bündnis aus USPD und KPD, verteidigte ihn am 9. April
1919 gegen einen Angriff der Konterrevolution. und erlitt dabei einer verheerende Niederlage Damit fand die Würzburger Räterepublik, drei Tage nachdem sie ausgerufen wurde, ihr
Ende.
Juliusspital und Marienkapelle
Wir begaben uns zum Juliusspital und zur Marienkapelle.
Das Juliusspital wurde 1576 von Fürstbischof Julius Echter gegründet. Zu dieser Zeit bestand für die katholische Kirche die Gefahr, dass weite Teile der Würzburger Bevölkerung sich zugunsten der
Reformation von ihr abwenden. Sie musste daher etwas für die Armenversorgung tun, um die Menschen ruhig zu halten.
Die Marienkapelle ist ein spätgotischer Kirchenbau am Marktplatz. SSie ist der Nachfolgebau einer zerstörten Synagoge. Ursprünglich siedelten an diesem Platz Juden, denen man aber um 1347 die
Schuld an einem Ausbruch der Pest gab, sie brutal verfolgte und die Synagoge zerstörte.
Der Dom und die Räterepublik
Zwischen dem Dom St. Kilian -der viertgrößten romanischen Kirche Deutschlands und dem Neumünster -einer romanischen Basilika des 11. Jahrhunderts- wandten wir uns der „Würzburger
Räterepublik“ zu. Denn zwischen den Kirchen rief Anton Waibel vor 3000 Leuten auf einem Militärkraftwagen stehend diese am 7. April 1919 gegen 16 Uhr aus.
Damals herrschte in ganz Deutschland Not. Der Kapitalismus war nach dem I. Weltkrieg und der Oktoberrevolution nicht mehr in der Lage, den Massen eine gesellschaftliche Perspektive zu zeigen. Die
Bevölkerung Deutschlands war des Krieges überdrüssig. Dazu kam, dass die Wirtschaftsentwicklung in Deutschland wegen der vollständigen Ausrichtung der Konzerne auf die Kriegsproduktion gestört
war.
Die Arbeiterklasse und die Klein- und Mittelbetriebe waren besonders von einem Zustand wirtschaftlicher Anarchie und Desorganisation betroffen.
Aufgrund dieser Lage gab es in Würzburg seit November 1918 eine Parallelregierung: Neben dem Magistrat regierte ein Arbeiter- und Soldatenrat. Das war Ausdruck des Klassenkonflikts zwischen der
revolutionären Arbeiterbewegung und den Monarchisten, Bauern, Burschenschaften und anderen reaktionären Kräften.
Die Konterrevolution hetzte antisemitisch gegen den Arbeiter- und Soldatenrat. Es wurde das Gerücht gestreut, die Ernährung wäre durch die jüdisch geprägte Revolution infrage gestellt und es war
die Rede von einer unvernünftigen Lohnbewegung, die die Industrie zugrunde richte. Die Hetze ging soweit, dass den Arbeitern mangelnder Arbeitswille unterstellt wurde und von den Irrlehren der
Sozialdemokratie die Rede war.
Nach der Ermordung von Kurt Eisner spitzte sich in Würzburg die Lage zu. Es kam am 22.2.1919 zu Massendemonstrationen gegen die Ermordung Eisners. Ende März 1919 entsteht in Würzburg ein Bündnis
aus KPD und USPD, das am 23.3.1919 in der Gründung eines „Revolutionären Aktionsausschusses“ (RAA) mündete. Der RAA verfolgte das Ziel der Errichtung einer Räterepublik.
Wer hat uns verraten: Sozialdemokraten!
Am 7.April 1919 ruft der RAA früh ab ca. 6 Uhr zu einem Streik auf und am selben Tag um 16 Uhr ruft Anton Waibel die Würzburger Räterepublik aus; jedoch machen die Sozialdemoraten nicht
mit. Sie lassen verlautbaren:
„Die heute tagende Mitgliederversammlung des Sozialdemokratischen Vereins erklärt sich aus politischen und wirtschaftlichen Gründen gegen die Räterepublik im Volksstaate Bayern. Die Versammlung
verlangt von allen Mitgliedern des Sozialdemokratischen Vereins, dass sie jede Übernahme von Regierungs- und Verwaltungsstellen ablehnen und damit die volle Verantwortung denen überlassen, die
der bisherigen Regierung eine geordnete Fortführung ihrer Geschäfte unmöglich machten.“
Die Konterrevolution, bestehend aus einer Einheitsfront von SPD. Bayerischer Volkspartei, Monarchisten und der Magistratsverwaltung, konnte das 2. Artillerieregiment mobilisieren und griff zu den
Waffen. Da half den Revolutionären auch die Inhaftierung von 16 Konterrevolutionären in der Residenz und die Drohung mit deren Erschießung im Falle eines konterrevolutionären Putsches nichts;
zumal die Konterrevolution selbst zwei Mitglieder des RAA unter ihre Gewalt brachte.
So endete die Würzburger Räterepublik am 9.April 1919 nach einer zweistündigen Schlacht um den Hauptbahnhof und die Residenz.
Der Große Bauernkrieg und die Festung Marienberg
Wir marschierten auf die Festung Marienberg, die eine herausgehobene Rolle im Großen Bauernkrieg spielte, der zwischen 1524 und 1526 die Grundfesten der Feudalordnung erschütterte. In
dieser Revolution entluden sich die Spannungen aus dem Grundwiderspruch der feudalistischen Gesellschaftsordnung zwischen den ausgebeuteten Bauern und den Feudalherren.
Die Revolution der Bauern und der niedrigsten Stände und Schichten der Städter scheiterte an der mangelnden Geschlossenheit der Bauern, an deren fehlender politischer Organisierung und
Zielsetzung und an Verrat.
Die Revolutionäre konnten die Festung während des Großen Bauernkriegs nicht einnehmen, so dass die Konterrevolution die Festung als Rückzugspunkt für die Truppen des Bischofs Konrad II. von
Thüringen nutzen konnte. Die Bauern wurden vor den Toren Würzburgs von Truppen des Schwäbischen Bundes und einem Heer des Bischofs vernichtend geschlagen.
Noch heute erinnert ein Denkmal bei der Tellsteige an die Bauern.
Rast, Biergarten und interessante Kontakte
Die Montagsdemo machte Rast auf der Festung und begab sich über die „Weinanlagen Schlossberg“ zum Mainufer, um dort in einen Biergarten einzukehren. Anschließend besuchten wir das Weinfest in der
Altstadt, wo wir den Tag ausklingen ließen.
Es gab interessante Gespräche mit den anderen Teilnehmern zu aktuellen Themen, wie sich die Montagsdemos weiter entwickeln und von den Bürgern angenommen und unterstützt werden. Das Treffen
festigte den Kontakt und die Verbundenheit zu den Teilnehmern und Organisatoren der Montagsdemos in anderen Städten.
Foto: (c) Petra Hoffmann
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