Arbeitgeber-Blockade: Klare Regeln gegen Psychostress nötig

Annelie Buntenbach

Die geplante Unterzeichnung einer gemeinsamen "Erklärung zur psychischen Gesundheit bei der Arbeit" vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales, der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und dem Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) ist vorerst gescheitert. Dazu sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach am Dienstag in Berlin:

 

"DGB und Gewerkschaften wollen, dass die Initiative der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie ein Erfolg wird und dazu beiträgt, die psychische Gesundheit der Beschäftigten besser zu schützen. Der aktuelle 'Stressreport' belegt einmal mehr, dass Arbeit der Stressfaktor Nummer Eins ist und psychische Belastungen bei der Arbeit dringend abgebaut werden müssen.

Umso ärgerlicher ist es, dass die Arbeitgeberverbände bei der geplanten gemeinsamen Erklärung auf der Zielgeraden einen Rückzieher gemacht haben. Das vorläufige Scheitern der Einigung zeigt in aller Deutlichkeit, wie berechtigt die gewerkschaftliche Forderung nach verbindlichen Konkretisierungen im Arbeitsschutzrecht ist. Das Hauptproblem ist nämlich, dass zu viele Arbeitgeber den Arbeitsschutz vernachlässigen und zu wenig für gute Arbeitsbedingungen tun.

Der DGB bekräftigt deshalb seine Forderung an die Bundesregierung, den Worten Taten folgen zu lassen. Notwendig sind klare Regeln durch eine Anti-Stress-Verordnung, mehr Mitbestimmung und Sanktionen gegen diejenigen Unternehmen, die das Arbeitsschutzgesetz nicht einhalten. Entscheidend ist, dass schnell etwas passiert, denn die Kosten psychischer Belastungen betragen inzwischen rund 100 Milliarden Euro.

Die Umsetzung des Arbeitsschutzes setzt voraus, dass jedes Unternehmen die Arbeitsbedingungen untersuchen muss, um Risiken für die Gesundheit der Beschäftigten zu erkennen. Gegenwärtig kommen deutlich zu wenige Betriebe ihrer Pflicht nach, eine solche Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf Psychostress: Nach dem DGB-Index Gute Arbeit 2012 sind nur bei neun Prozent der Beschäftigten Gefährdungsanalysen durchgeführt worden, die auch die psychischen Belastungen berücksichtigen.

Diese eklatanten Defizite der Arbeitgeber beim Arbeitsschutz müssen behoben werden.

Der DGB wird die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie weiterhin konstruktiv unterstützen und ist auch offen für weitere Gespräche über eine Vereinbarung mit den Arbeitgeberverbänden."

Informationen zum DGB-Index Gute Arbeit 2012, "Wachsender Psycho-Stress, wenig Prävention - wie halten die Betriebe es mit dem Arbeitsschutzgesetz?" finden Sie unter http://www.dgb.de/-/taf.

 

Quelle: E-Mail / DGB  

 

Es ist recht offensichtlich, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen der Steigerung der Arbeitshetze auf dem Rücken der Arbeitenden und der gleichzeitigen chronischen Dauerarbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung der breiten Masse der Bevölkerung.

 

Wenn ein Betrieb ständig die Arbeitsabläufe strafft, schnellere Maschinen anschafft oder die Bandgeschwindigkeit erhöht und die dadurch überflüssigen gewordenen Arbeiter entlässt (oder freie Stellen einfach nicht mehr wiederbesetzt), um seine Produktivkraft zu steigern ... dann steigt die Arbeitslosigkeit und der Stress der Arbeitenden.

 

Fehlt dann noch eine unbeschwerte behördliche Kontrolle der Kapitalisten zwecks Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften durch Behörden von oben, dann trauen sich viele Arbeiter unten logischerweise nicht wirklich, ihren Arbeitsschutz aktiv von den Kapitalisten einzufordern. Klar, dass die Kapitalisten diese unschöne Situation für sich ausnutzen, und den Arbeitsschutz weitgehend unterlaufen. Frei nach dem Motto: Wo kein Kläger, da kein Richter. Deswegen werden die auch den Vorschlag der Gewerkschaft, eine wirksame Kontrolle des Arbeitsschutzes durch Betriebsräte zu ermöglichen, ablehnen. Oder es wird ein weiterer zahnloser Gewerkschaftstiger, der sich Mitbestimmung schimpft, beschlossen.

 

Da hilft nur eine Verschärfung der behördlichen Kontrollen der Kapitalisten und hohe Strafen bei Nichteinhaltung des Arbeitsschutzes. Wenn es das gibt, dann tun sich die Arbeiter leichter damit, von ihrer echten Mitbestimmung über ihre Arbeitsbedingungen Gebrauch zu machen, und Missstände beim Arbeitsschutz direkt mit dem Kapitalisten zu regeln.

 

Aber wir fürchten: Mit diesem Staat und einer scharfen Aufsicht über die Kapitalisten ... das wird nix. Zumindest hat sich die Regierung ja eher die Deregulierung des Arbeitsmarkts, das Schleifen der Arbeitnehmerrechte und die Lockerung von Umweltschutzbestimmungen zugunsten der Konzerne auf die Fahnen geschrieben.  

 

Blieben also den Arbeitern zur Durchsetzung des Arbeitsschutzes eigentlich nur Arbeitskampfmaßnahmen, wenn der Kapitalist aufgrund guten Zuredens nicht spurt. Aber ... das trauen sich eben viele nicht, womit wir wieder beim Thema verschärfter behördlicher Kontrollen in Betrieben wären.

 

Und das alles nur, weil die Kapitalisten ständig ihre Produktivkraft steigern müssen, um im Konkurrenzkampf nicht selbst pleite zu gehen oder vom Konkurrenten geschluckt zu werden. Und dann kommen noch die ewigen Wirtschaftskrisen dazu, weil die Konzerne immer und ewig zu viel produzieren und ihre Produktionsstrukturen ständig ändern.

 

Es wird Zeit, dass wir das Problem der ewigen wirtschaftlichen Krisen und der daraus folgenden chronischen Dauerarbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung der breiten Massen bei gleichzeitiger Steigerung der Arbeitsintensität auf Kosten der Gesundheit der Arbeitenden dauerhaft lösen. Wir könnten schon heute beginnen, uns eine Gesellschaft ohne Arbeitslosigkeit und Niedriglohnsektor zu bauen. Wir müssten uns nur auf den Weg machen zu einer höheren, nationalen und internationalen Rentabilität der vergesellschafteten Wirtschaft.

 

Quelle: Kritische Standpunkte

Foto: DGB, "Annelie Buntenbach"

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