Bleiberecht für Leyla – Die unglaubliche Geschichte aus der Stadt der Menschenrechte

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Im Oktober 2010 wurde in Nürnberg das Bündnis „Bleiberecht für Leyla“ ins Leben gerufen.


Nun muss es wieder aktiv werden . Wir erinnern uns an den Fall der jungen Kurdin Leyla, der für die Stadt der Menschenrechte Nürnberg gewiss kein Ruhmesblatt darstellt.

Sozusagen als Geschenk zu ihrem 18. Geburtstag bekam

Leyla im März 2010 vom Nürnberger Einwohneramt die Ausweisungsverfügung, nach der sie sich Anfang September mit einem One-Way-Flugticket im Ausländeramt zu melden hatte.

Vorgeworfen wurden ihr die Teilnahme an ausnahmslos legalen und angemeldeten Demonstrationen und Kulturveranstaltungen im Alter zwischen 14 und 16 Jahren.

Leyla legte über ihren Anwalt Widerspruch gegen die Ausweisung ein, der im ersten Verfahren vom Verwaltungsgericht Ansbach abgewiesen wurde. Darin wird unter anderem ausgeführt, von Leyla ginge eine „abstrakte“ Gefahr für die BRD aus; ein wahres Schmankerl juristischen Einfallsreichtums, gespeist von einem unbedingten Verurteilungswillen sowie der Tatsache, dass ihr eine konkrete Gefährdung nicht nachgewiesen werden konnte.

Hintergrund des ganzen ist das PKK-Verbot, das von der BRD aus geopolitischen Interessen, sprich ihren Beziehungen zur Türkei aufrecht erhalten wird. Leyla ist weder PKK-Mitglied, noch ist sie je für die Partei aktiv gewesen. Ihre Sympathie für die kurdische Bewegung wird auf Grundlage des erwähnten Verbotes nun zu einer Gefahr für die BRD aufgebauscht, obwohl keine reale Gefährdung vorliegt, wie sogar das Gericht einräumen musste.

Leyla hat sich real, außerhalb dieses juristischen Konstrukts, niemals etwas zu Schulden kommen lassen. Sie ist eine junge Frau, die sich hier ein normales Leben aufbauen, eine Ausbildung machen will und auf eigenen Füßen steht. Sie ist das Vorzeigebeispiel für gelungene Integration.

Motiv und Zielrichtung des Ausländeramtes sind ebenso naheliegend wie perfide: Ihre Mutter war wegen eines Propagandadeliktes zu einer Geldstrafe verurteilt worden, gegen die sie wegen Versäumnis der Einspruchsfrist keinen Widerspruch eingelegt hatte.

Das von der Stadt daraufhin eingeleitete Ausweisungsverfahren gegen die Mutter konnte wegen eines bestehenden Haftbefehls in der Türkei und der daraus resultierenden Asylanerkennung als politischer Flüchtling nicht vollstreckt werden. Was lag nun näher, als ein Verfahren gegen die Tochter anzustrengen, die kein eigenständiges Asylrecht hat.

Ziel ist es offenbar, der Familie das Leben so schwer wie möglich zu machen, wie auch eine im Januar 2011 erfolgte Durchsuchung der Arbeitsstelle der Mutter zeigt. Diese darf seither Nürnberg nicht mehr verlassen und verlor dadurch ihren langjährigen Arbeitsplatz.

Für Leyla hieß das, dass sie ihre Ausbildung abbrechen musste, sie die Stadt Nürnberg nicht verlassen durfte und sich wöchentlich bei den Behörden melden musste, um bei einer eventuellen Abschiebbarkeit schnell greifbar zu sein. Leyla ging in die nächste Instanz. Der Fall kam vor den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof. Nach dem Willen des Ausländeramts der Stadt Nürnberg sollten die Voraussetzungen für eine zügige Abschiebung geschaffen werden. Ziel war es, den Fall erst gar nicht zu verhandeln.
Und die Stadt Nürnberg bzw. ihr Rechtsamt legten dafür noch nach: Leylas Gefährlichkeit sollte u.a. dadurch untermauert werden, dass sie sich an Solidaritätsaktionen gegen ihre eigene Abschiebung beteiligte.

Gegen das skandalöse Vorgehen der Stadt Nürnberg hatte sich Anfang Oktober 2010 das „Bündnis Bleiberecht für Leyla“ gegründet, um den Fall einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen und Widerstand gegen die Vorgehensweise der Stadt zu organisieren.
Leyla hat sich daran beteiligt. Mit einer Pressekonferenz, Radiointerviews, einer Faxkampagne und mehreren Kundgebungen vor dem Ausländeramt und in der Innenstadt wurde eine breite Solidarität organisiert und eine öffentliche Diskussion angestoßen.

Die Stadt der Menschenrechte weigert sich bis heute, zu dem Fall öffentlich Stellung zu beziehen.
Als sich abzeichnete, dass die Stadt das Eilverfahren verlieren würde, zog sie den Antrag einstweilen zurück. Die Kosten des Verfahrens wurden der Stadt auferlegt. Die Meldeauflagen, die Aufenthaltsbeschränkungen und das Arbeitsverbot wurden aufgehoben.

„Einstweilen“ hieß jedoch, dass sich die Stadt vorbehielt, nach einem zu erwartenden Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofes Ende 2011 in einem ähnlich gelagerten Fall sogenannter „Sicherheitsgefährdung“, das Verfahren neu auf den Weg zu bringen. Inoffiziell war die Rede von einer „Bewährungszeit“ für Leyla bis dahin.

Nun ist in dieser unwürdigen Geschichte die nächste Runde eröffnet worden. Leyla ist inzwischen 20 Jahre alt. Im Sommer ist das Grundsatzurteil der Bundesgerichtshofes zu dem ähnlich gelagerten Fall eines jugoslawischen Staatsbürgers ergangen, der dabei von den Vorwürfen der Sicherheitsgefährdung freigesprochen wurde.

Nichtsdestotrotz wurde das Verfahren gegen Leyla wieder aufgenommen und mit einer abenteuerlichen juristischen Argumentation der Stadt wurde versucht, Teile dieses Urteils gegen sie auszulegen. Ihr wird nun zum Vorwurf gemacht, dass die Repressalien ihr gegenüber nicht dazu geführt haben, dass sie sich der Argumentation der Stadt der Menschenrechte und des Rechtsstaates BRD angeschlossen hat, nach der sie eine Gefahr für Deutschland sei und nach der sie sich von den verwerflichen Anliegen der kurdischen Bewegung zu distanzieren habe.

Angebliche gelegentliche Besuche in dem legalen kurdischen Verein Medya Volkshaus e.V., der u.a. jährlich in Zusammenarbeit mit dem Kulturamt der Stadt Nürnberg kurdische Kulturtage ausrichtet, werden als Indiz dafür gewertet, dass sich ihre Überzeugungen nicht gewandelt hätten. Der Verein leistet durch ein breites Angebot von Beratung, Nachhilfe und Kursen einen wichtigen Beitrag zur Integration der kurdischen MigrantInnen in Nürnberg.

Diese Haltung der Stadt wurde nun in der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichthofs über ihre Beschwerde gegen ihre Ausweisung bestätigt. Damit steht die Entscheidung in der Hauptsache „Leyla gegen die Stadt Nürnberg“ allerdings noch aus.

Soweit die juristisch-politischen Absonderlichkeiten, die der Verfolgungswille und die Ausweisungsverfügung der Stadt der Menschenrechte Nürnberg ausgelöst hat. Das Recht auf Meinungsfreiheit und das Recht auf politische Betätigung werden mit Füßen getreten.

Die Repressalien, Meldeauflagen und Ausbildungsverbote wurden nun wieder aufgenommen.
Zweimal in einer Woche war nun die Polizei zu nächtlichen Zeiten in der Wohnung der Familie um Leyla abzuholen und wohl um sie abzuschieben. Leyla wurde jedoch nicht angetroffen, darauf hin hat die Stadt Nürnberg sie einfach beim Einwohnermeldeamt abgemeldet. Ziel ist es, ihr damit die Möglichkeit einer weiteren Klage zu nehmen.

Diese Kriminalisierung, Verfolgung und Psychoterror haben Leyla schwer zugesetzt. Es geht ihr im Moment so, wie es jeden anderen Menschen gehen würde, wenn die Lebensperspektive geraubt und die Familie terrorisiert wird.

Leyla hatte sich zuletzt ihren Lebensunterhalt im medizinischen Bereich verdient und das Abendgymnasium besucht. Das möchte sie auch weiterhin tun. Die berechtigte Angst vom Arbeitsplatz oder Schule abgeholt zu werden, um in Abschiebehaft zu kommen, ist jedoch groß.

Wie kann ein Gericht entscheiden, Leyla in die Türkei abzuschieben, wenn sie angeblich so sehr gegen den türkischen Staat agiert, dass sie sogar die deutsche Sicherheit gefährdet?
Ist es nicht absurd, dass Leyla in ein Land abgeschoben werden soll, aus dem ihre Mutter gezwungen war zu fliehen, da sie wegen politischen Engagement Gefängnis und Folter ausgesetzt war und deshalb politisches Asyl in Deutschland beantragte. Dazu kommt noch, dass Leyla weder eine Lebensgrundlage noch Familie in der Türkei hat und völlig auf sich alleine gestellt wäre.

Wenn die Bundesrepublik und ihre Gerichte sie schon zu einer Aktivistin für den Terror deklariert, ist nicht schwer vorstellbar, was mit ihr im Falle einer Abschiebung in die Türkei drohen: Nämlich Gefängnis und Folter. Der erst vor wenigen Wochen veröffentlichte Fortschrittsbericht der EU bezüglich Demokratie und Menschenrechte von insbesondere kurdischen Oppositionellen in der Türkei belegt dies eindeutig.

Leylas Fall ist ein Präzedenzfall und die politische Motivation ist unübersehbar.
Es ist beschämend, dass sich die Stadt der Menschrechte als Handlangerin dafür hergibt.

Das Bündnis „Bleiberecht für Leyla“ fordert die sofortige Aufhebung des Ausweisungsbescheids, die Wiederherstellung sämtlicher bürgerlicher Rechte und ein Bleiberecht für Leyla.

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