07.11.12 – Was heute bei Ford in Köln passierte geht alle Arbeiter an. Denn in immer mehr Betrieben entfalten sich Auseinandersetzungen darüber welchen Weg die Arbeiter gegen die Ausbeutungsoffensive der Unternehmen gehen sollen. „So eine Polizei haben wir in Deutschland nicht erwartet“. Das sagte ein Ford-Kollege aus Genk nach dem heutigen Polizeieinsatz in Köln gegenüber „rf-news“. Über 250 Automobilarbeiter waren heute mit Bussen von Genk nach Köln gefahren. Nach bereits länger organisierten Kontakten, gegenseitigen Besuchen zwischen den Automobilarbeitern in Köln und Genk setzten damit die Kollegen ein weiteres wichtiges Zeichen, um einen gemeinsamen länderübergreifenden Kampf um jeden Arbeitsplatz zu organisieren. Sie wollten vor der Europazentrale von Ford sowie der Sitzung des Euro-Betriebsrats, die auf dem Kölner Fordwerk stattfand, gegen die geplante Werksschließung von Genk und die Vernichtung von 4.300 Arbeitsplätzen (plus 5.500 bei den Zulieferern) protestieren (siehe Bericht von heute Mittag).
Was sie heute hier erlebten, das hatten sie gerade in Deutschland, das sich immer so demokratisch gibt, nicht erwartet. Sie wollten nur friedlich auf ihren Kampf um die Arbeitsplätze aufmerksam machen und wurden nun behandelt wie Kriminelle. Von allen 250 Genker Kollegen und weiteren deutschen Kollegen und Unterstützern wurden nicht „nur“ die Personalien aufgenommen, sie wurden wie Schwerverbrecher erkennungsdienstlich behandelt. Alle wurden einzeln von verschiedenen Seiten fotografiert mit jeweils einer Nummer auf der Brust.
Hunderte von Polizisten waren in Kampfanzügen im Einsatz, dazu eine Reihe von Zivilpolizisten im Punker-Look, die die Aufgabe hatten, gezielt einzelne Beteiligte zu denunzieren. Sieben Kollegen wurden mit auf die Polizeiwache genommen. Alle anderen Kollegen wurden zu den Bussen gebracht und mit zahlreichen Polizeiwagen bis zur belgischen Grenze eskortiert.
Der massive Polizeieinsatz richtete sich vor allem dagegen, dass die Ford-Belegschaften in Köln und Genk zusammen kommen. Nach dem Eintreffen der Kollegen aus Genk kamen zunächst einige wenige Streifenpolizisten. Erst als die Kollegen aufs Werksgelände gingen und im Gebäude der Europazentrale von Ford protestierten, liefen bei Ford die Drähte heiß und wurden schnell Hundertschaften herbei geschafft. Als die Kollegen den Vorschlag am offenen Mikrofon aufgriffen, direkt zur Y-Halle (Fiesta-Fertigungshalle) zu ziehen, um die Kollegen dort direkt zu treffen, kam eine Hundertschaft in Kampfmontur im Laufschritt aufs Werksgelände, um die Halle abzuriegeln.
Noch auf dem Betriebsgelände kam ein Vertreter des dort tagenden Euro-Betriebsrats zu den Kollegen, erklärte seine volle Solidarität und gab bekannt, dass die Kölner Vertrauensleute beschlossen
haben, am 11. November zur großen Demonstration in Genk mit mehreren Bussen einen Gegenbesuch abzustatten.
Als die Kollegen danach wieder vors Tor gingen und sich noch mit einzelnen deutschen Kollegen unterhielten, wurden sie nach und nach von immer mehr Bereitschaftspolizisten eingekesselt. Die
Ford-Kollegen aus Köln, die zum Schichtwechsel ins Tor 3 wollten, wurden genauso wie die Herauskommenden der Frühschicht an ein anderes Tor umgeleitet, damit sie den Kollegen aus Genk nicht
begegnen.
Um zu verhindern, dass noch während des Besuchs der Kollegen und der Polizeiaktion Protest- und Solidaritätsaktionen im Werk stattfinden, wurden insbesondere über die bürgerlichen Medien gezielt Lügen gestreut. Angeblich seien Polizisten verletzt und ein am Boden liegender Werksfeuerwehrmann mit Füssen getreten worden. Nichts davon ist wahr. Wie es in Belgien und anderen Ländern bei solchen Aktionen Tradition ist, haben die Kollegen vor dem Tor lediglich selbst mitgebrachte Reifen mit Benzin überschüttet und angezündet sowie Feuerwerkskörper gezündet. Die Polizei trat dabei äußerst provokativ auf, griff Kollegen an und bedrohte sie mit Reizgas. Dagegen wehrten sich die Kollegen zurecht. Mit den verbreiteten Lügen soll ein Exempel statuiert werden, um künftig vorbeugend selbständige Kämpfe der Arbeiter zu kriminalisieren. Während es auf der einen Seite ganz legal sein soll, wenn Unternehmer Arbeitsplätze massenhaft vernichten, sollen die um ihre Existenz kämpfenden Menschen als Störenfriede abgestempelt werden.
Schon im Kessel wurde von den Ford-Kollegen aus Köln und Genk, deutschen Unterstützern und Vertretern der MLPD aus Köln eine Resolution als Protest gegen den Einsatz vorgetragen und abgestimmt. Auch das offene Mikrofon wurde unter erschwerten Bedingungen zeitweise weiter fortgesetzt. Freudig begrüßten die Ford-Kollegen aus Genk, dass die MLPD sofort aktiv wurde und über ihr bundesweites Internetprotal „rf-news“ eine eigene Öffentlichkeit herstellte, gegen die Kriminalisierung protestierte und bundesweit zu Protest- und Solidaritätsaktivitäten aufrief.
Viele belgische Kollegen wollen dazu auch bei „rf-news“ nachlesen und sie wurden aufgefordert, künftig Berichte und Fotos zu schicken. Am Tor 1, zu dem die Kölner Kollegen bei Schichtwechsel umgeleitet wurden, wurde umgehend der „rf-news“-Artikel als Flugblatt verteilt und mit sehr viel Interesse aufgegriffen. Etliche Kollegen spendeten zum Teil bis zu 20 Euro für die Förderung des gemeinsamen Kampfs mit den Genker Kollegen.
- Keinerlei Kriminalisierung von Arbeiterkämpfen! Keine Repressalien gegen Streikende!
- Kampf um jeden Arbeitsplatz! Erhalt des Werkes in Genk und aller Ford-Werke!
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Quelle: RF News
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bilzenaar (Mittwoch, 07 November 2012 22:42)
Ford Genk soll geschlossen werden, aber die Europäische Investment Bank gibt 100 Millionen € an eine Türkische Ford Fabrik, wo der Transit montiert werden soll ! Europa ?????